Welche Methoden und Arbeitsweisen werden in der Supervision genutzt?
Der Grundgedanke der Supervision besteht in der Annahme, dass berufliche Themen- und Problemfelder ein multidimensionales, dynamisches Geflecht sind. Sie entstehen im Zusammenhang von der Person, ihrer Rolle, den beruflichen Strukturen, der Organisation, dem sozialen Umfelde und dem Gegenüber, sei es dem Klienten, dem Kunden o.ä.. Zwischen den Beteiligten dieses Gefüges gibt es zudem unterschiedliche Wechselwirkungen, die ihrerseits Eigendynamiken entwickeln. Es handelt sich um ein System, in dem Menschen mit bewussten und unbewussten Absichten aktiv und manchmal auch passiv miteinander kommunizieren. Und dabei wird nicht immer verstanden, was gemeint ist.
Wichtig ist es daher, dass ich als Supervisorin dieses komplexe Geschehen erkennen kann und auf der anderen Seite den SupervisandInnen ermögliche, einen ihnen wichtigen roten Faden zu entwickeln, anhand dessen sie die wesentlichen Aspekte auf den Punkt bringen können. Was bedeutsam ist, entscheiden die SupervisandInnen selbst und nicht die Supervisorin. Als solche bin ich eine Begleiterin, die einen Dialog mit den Supervisanden anstrebt. Meine Methodenauswahl ist immer an der spezifischen Situation und an der jeweiligen Supervisandin orientiert.
Zum integrativen Ansatz in der Supervision:
Da die Supervision auf ein komplexes Geschehen aus mehreren Aspekten schaut, braucht es Methoden, die diesem Vorgehensweise gerecht werden. Hierzu eignet sich ein integrativer Ansatz, der in der Lage ist, die in jedem unterschiedlichen Fall relevanten Ebenen zu erfassen und die entsprechenden Problemfelder methodisch zu bearbeiten. Beratungsforschung hat außerdem gezeigt, dass erfolgreiche Beratungskonzepte und TherapeutInnen immer mit integrativen Ansätzen arbeiten. Die einzelnen Beratungs- bzw. Therapieschulen fokussieren auf unterschiedliche Konzepte und Menschenbilder, wobei sie mit einer mehr oder weniger rigiden Methodik arbeiten. Sie haben daher bestimmte Schwerpunkte entwickelt, in denen sie sehr stark sind. Sich allein auf sie zu beziehen, könnte aber dazu führen, dass man in einer Einseitigkeit verhaftet bleibt und Aspekte vernachlässigt, die in einem bestimmen Fall äußerst wichtig sind.
Welche Ausprägung des integrativen Ansatzes verfolgt wird, verpflichtet sich dem Beratungsanliegen, das am Anfang geklärt werden muss und evtl. im Laufe der Supervision angepasst wird. Freilich ist der Ansatz wie die Ausgestaltung der Supervision nicht nur klienten- sondern auch beraterspezifisch. Schließlich muss ja auch der Beratungsstil zum Charakter der KlientInnen als auch zur Persönlichkeit der Supervisorin passen. Genauso hilfreich ist es, wenn sich die Supervisorin auf ihre SupervisandInnen und ihr Themen- und Interessengebiet ganz individuell einlassen kann. Mein integrativer Ansatz orientiert sich an folgenden Richtpunkten:
Phänomenologisch-ganzheitlich dialogische Ausrichtung: hier nutze ich die Stärken von und die Grundhaltung aus der Gestalttherapie. Phänomenologie bedeutet an der Stelle, dass ich im Hier und Jetzt beginne und mit Offenheit und wissenschaftlicher Neugierde auf die Erzählungen und Darstellung der SupervisandInnen höre. Leitaspekte sind dabei für mich die Frage nach den Bildern, die in mir entstehen und den narrativen Gestalten, die ich wahrnehme. Da die Gestaltberatung ein ganzheitlicher Ansatz ist, achte ich auch darauf, wie mir etwas erzählt wird, d. h. auf Mimik, Gestik, Stimmlagen, Körpersprache, wie auch auf die Empfindungen, die das Erzählte in mir auslöst. Das wird zur Diskussion gestellt und durch Dialog vertieft werden. Im Großen und Ganzen entsteht hier schon ein roter Faden, der uns auf die Spur verhilft, um zu den Kernpunkten zu kommen.
Das Aufdecken unbewusster Dynamiken mittels assoziativer Techniken entstammt dem psychoanalytischen Ansatz. (Zum Verständnis: Supervision als Beratungsform orientiert sich unter anderem auch an therapeutischen Schulen ohne aber eine Therapie in der Supervision anzustreben) Zwischen dem gestalttherapeutischen und dem psychoanalytischen Ansatz gibt es viele Parallelen, oft aber auch unterschiedliche Ausprägungen.Das ist der historischen Entwicklung mit geschuldet, da die Gestalttherapie ihre Wurzeln unter anderem auch in der Psychoanalyse hat. Das Verständnis für unbewusste Dynamiken ist vor allen in psychosozialen und psychiatrieorientierten Kontexten wichtig. Hier spielen vor allem die Konzepte von Übertragung und Gegenübertragung sowie von Spiegelphänomenen eine bedeutsame Rolle. Wenn man zum Beispiel viel mit depressiven Klienten arbeitet, kann es sein, dass depressive Verhaltensmuster auch auf Mitarbeiter ihre Schatten werfen oder sogar in die Strukturen der Einrichtung hineinschwappen. So kann das, was sich als eine Teamstimmung, oder ein Teamkonflikt zeigt, in Klientendynamiken und Klientenproblematiken begründet sein.
Der systemische Ansatz fokussiert auf das Verständnis von einer Gruppierung, sei sie lose oder institutionalisiert, als ein lebendiges Gefüge mit Kommunikationsstrukturen. Er ist immer wichtig dort einzusetzen, wo eine Gesamtheit, sei es eine Gruppe, eine Familie, ein Team oder eine Organisation im Fokus stehen. Die systemische Beratung liefert Konzepte vom Verständnis der Binnenstrukturen und -bewegung von Systemen und hat davon ausgehend unterschiedliche Methoden entwickelt. Zu den bedeutsamen Erkenntnissen gehört, dass es in den Systemen weniger lineare sondern vielmehr zirkuläre Strukturen vorhanden sind. Es geht hier um Frage-Antwort Interaktionsmuster. Dabei ist nicht immer klar, ob sich die einzelnen TeilnehmerInnen immer auf genau den gleichen Aspekt beziehen. Wenn ich X sage, kann es gut sein, dass dies für mein Gegenüber die Bedeutung von Y hat. Und nicht immer haben alle, alles registriert. Da entstehen schon mal Phänomene wie im „Stille Post Spiel“.
Die Methode der Aufstellung wird in systemisch geprägter Supervision in verschiedensten Kontexten benutzt. Der Grundgedanke dabei ist, dass mittels Platzhaltern oder Stellvertretern, die von Personen dargestellt werden, Beziehungskonstellationen eines Teams, einer Organisation oder anderen systemischen Einheiten als Bild dargestellt werden können. Vorläufer dieser Methode sind unter anderem das Psychodrama von Jacob L. Moreno und die Familienskulpturen und –rekonstruktionen der Familientherapeutin Virginia Satir. Mittels einer solchen Aufstellung können komplexe Beziehungsmuster durch Blickrichtung, Körperhaltung, erlebte Körperreaktionen bildhaft auf dem Punkt gebracht werden. Damit wird die Reduzierung von Komplexität angestrebt. Meist wird mit einem Bild des Ist-Zustands und einem Bild eines potentiellen Lösungszustandes gearbeitet. Daraus kann man dann auch Handlungsoptionen für das weitere Vorgehen im Berufsalltag ableiten. In der darauffolgenden Supervision kann überprüft werden, welche Interventionen hilfreich waren.
Wenn man sich gewahr bleibt, dass diese Bilder potenzielle Interpretationen einer erlebten Realität sind, dann sind sie sehr hilfreich. Von SupervisandInnen wird es als positiv gewertet, dass man aus dem kopflastigen Reden rauskommt und in eine erlebte, intuitivere Verstehensebene wechselt.
Der Einsatz kreativer und nonverbaler Methoden betreffen ein breites Spektrum an Vorgehensweisen aus den Bereichen des Psychodramas und der Gestalttherapie, um den Kopf wieder frei zu bekommen, andere Perspektiven einnehmen zu können und so über eine sinnliche, unvermittelte Erfahrbarkeit in Verstehens- und Lösungsprozesse zu gelangen. Mir als Supervisorin ist es wichtig, nicht nur einfach meinen Bauchladen der verschiedenen Tools aufzumachen oder einen bestimmten Pool in verschiedensten Situationen zu verwenden, sondern v.a. immer genau zu schauen, was das geeignete Mittel am jeweiligen Ort mit diesen Menschen ist. Nach meiner bisherigen Erfahrung wird mit der Einsatz solcher Methoden von SupervisandInnen als konstruktiv erlebt.