Die Methode des Platzhalters und ihre Einsatzmöglichkeiten in der Supervision

Forschungsbericht zur theoretischen Fundierung und praktischen Anwendungsmöglichkeiten der Methode von Dr. phil. Dipl.-Psych. Syliva Siegel (2006)

Abstract: Die Bezüge dieser gestalttherapeutischen Methode zum Psychodrama und den kreativen Handlungsmedien werden aufgezeigt und die Methode als Diagnose- und Interventionsmittel in den verschiedenen Supervisionssettings diskutiert. Ein Anwendungsbeispiel erläutert die Effektivität dieser Methode. (Februar 2006)

Inhalt:

1 Einleitung

Für eine Auszubildende an einem psychoanalytisch orientierten Ausbildungsinstitut mag die Entscheidung, sich einer Methode, die in der Gestalt- oder psychodramatisch orientierten Supervision zu Hause ist, in ihrer Abschlussarbeit zuzuwenden, auf den ersten Blick als befremdlich erscheinen. Gewählt habe ich dieses Thema vor dem Hintergrund meiner methodenintegrativen Arbeitsweise, die in Reflexionsprozessen, die meine Tätigkeiten als integrative Gestalttherapeutin, – beraterin und Kritische Psychologin begleiteten, verwurzelt ist.

Methodenintegration möchte ich von einem pragmatischen Eklektizismus abgrenzen, in dem Theorie- oder Methodenelemente in der Arbeit genutzt werden, weil sie sich praktisch bewährt haben. Letzteres halte ich für problematisch, weil sich Risse und Widersprüche, die durch das Zusammenwürfeln verschiedener Theorien entstehen, in der Praxis widerspiegeln können, aber nicht thematisiert werden. Es scheint reine Privatsache des Anwenders zu werden, wie er mit diesen Widersprüchen umgeht (vgl. Holzkamp 1988, S. 42f.). Methodenintegration in der Supervision bedeutet nach Schreyögg vor dem Hintergrund eines basalen Meta-Modells, das Menschenbild und erkenntnistheoretische Positionen aufweist und das den Gegenstand Supervision definiert, jeweilige Theorien und Methoden auf ihre Aussagewerte für den Supervisionsgegenstand zu überprüfen und sie im Falle ihrer Übereinstimmungen in das Ausgangsmodell zu integrieren (Schreyögg 1992 a, S. 83ff.).

Um meine Ausgangsfrage für die vorliegende Arbeit, inwieweit die Methodik der Arbeitsweise des Platzhalters, die oftmals mit der Arbeit mit dem Stuhl aus der Gestalttherapie assoziiert wird, in der Supervision einsetzbar ist, zu beantworten, werde ich im Folgenden Kapitel diese Methode darstellen und in Abgrenzung zum Symbol in ihrer Besonderheit charakterisieren. Im folgenden werden theoretische Grundbegriffe aus Psychodrama und Gestalttherapie, die für das Verständnis dieser Methode relevant sind, geklärt, um die Ziele und Absichten, die mit einer solchen Methodik verfolgt werden, beleuchten zu können. Danach werden Arbeitsweisen mit dem Platzhalter ausgeführt, wobei die Aspekte der Funktion und Wirksamkeit dieser Methode herausgearbeitet werden. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Nutzung dieser Methode in der Supervision. Nach einer Klärung der Kriterienbestimmung des Methodeneinsatzes folgt die Diskussion um den Einsatz in Diagnose und in den unterschiedlichen Settings der Supervision. Ein Fallbeispiel demonstriert am Ende eine Form dieses Methodeneinsatzes.

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2 Methodik des Platzhalters: Definition, theoretische Verortung, praktische Arbeitsweise

Unter einem Platzhalter kann ein Gegenstand verstanden werden, der für etwas anderes steht. Er nimmt den Platz für einen Problembereich oder einen Teil von ihm ein, der im Verlauf der weiteren Arbeit eine vertiefte Klärung und Veränderung erfahren soll. Im Allgemeinen wird mit dem Platzhalter die Beratungsarbeit mit dem Medium eines Stuhls oder Kissens, wie es die Gestaltberater und –therapeuten nutzen, assoziiert. In der Gestalttherapie selbst gibt es drei verschiedene Einsatzmöglichkeiten des Stuhls. Zum Ersten meint er den „hot seat“. Dies ist eine besondere Form der Einzelarbeit des Therapeuten mit einem Klienten im Rahmen einer Gruppensitzung (Polster & Polster 1975, S. 267), wie Fritz Perls sie bevorzugt hat. Der Klient hat in diesem Fall die Gruppe verlassen, wechselt von der Rolle eines Gruppenmitglieds in die eines Einzelklienten, der im Beisein aller mit dem Therapeuten sein Problem bespricht. Diese Methode diente zum einen der Veranschaulichung Perls’scher Arbeitsweise, da er seine Workshops auch zur Demonstration und Weitervermittlung der Gestalttherapie nutzte, zum anderen findet durch den Rollenwechsel und das Setting eine Aufmerksamkeitsverdichtung und erhöhte Spannung für den Klienten statt. Für den weiteren Verlauf kann die Gruppe hinzugezogen werden oder sie kann im Anschluss an die therapeutische Arbeit Rückmeldungen geben. Der „leere Stuhl“ wird bei Naranjo (1978, S. 75 ff.) zur Darstellung einer intra-personalen Begegnung benutzt. Ziel ist hier die Verdeutlichung eines inneren Dialogs, den der Klient vermutlich bereits über einen längeren Zeitraum mit sich führte, der konflikthaft und ambivalent geladen ist. Man kann davon ausgehen, dass der Klient sich dieses Dialoges nur teilbewusst ist. Es werden zwei leere Stühle in den Raum gestellt, die für jeweils einen der polaren Persönlichkeitsanteile, die im Konflikt vertreten sind, stehen. Je nachdem, für welchen Anteil der Klient spricht, hat er den entsprechenden Platz einzunehmen. Auf diese Art werden die polaren Persönlichkeitsanteile deutlich und können als getrennte Einheiten wahrgenommen werden. Das innere festgefahrene Streitgespräch wird für den Klienten räumlich und sinnlich erlebbar und dieses Setting ermöglicht ihm, die Persönlichkeitsanteile miteinander ins Gespräch zu bringen und darüber zu einer Lösung zu gelangen. Staemmler weist auch auf die Einsatzmöglichkeit des Stuhles als Projektionsfläche für Bezugspersonen hin (Staemmler 1995, S. 92). Der Klient wird aufgefordert, sich in der Phantasie vorzustellen mit der abwesenden Bezugsperson, die auf dem leeren Stuhl positioniert wird, zu sprechen. Dieses ermöglicht u. a. unbewusste Erwartungen und Gefühle zu dieser Person zu thematisieren. Oftmals greift der Therapeut derart ein, dass er den Klienten auch auffordert, die möglichen Antworten der Bezugsperson, ihre von ihm angenommene Sicht der Dinge auszusprechen. Der Stuhl hat in der Gestalttherapie als Platzhalter die Funktion intra- oder interpersonales Geschehen zu verdeutlichen. In diesen Einsatzmöglichkeiten des Platzhalters ist auch eine weitere Möglichkeit enthalten, die aber in der Literatur der Gestalttherapie nicht thematisiert, wenn auch in der Praxis sporadisch genutzt wird und die der Position des neutralen Beobachters entspricht. Neutrale Positionen einzunehmen ist der Gestalttherapie als einer erlebnisaktivierenden Therapie oder Beratungsform eher fremd. Neutralität im Sinne einer umfassenden Distanzgewinnung gehört zu den Strategien der Psychosynthese oder wird auch mit Techniken der Meditation erreicht. Die Psychosynthese nach Assagioli (1988), die auf dem Junganschen Modells des Selbst fußt, hat zum Ziel, die verschiedenen Persönlichkeitsanteile unter dem Selbst zu vereinigen. Daher gilt es nicht, Gefühle aus den Persönlichkeitsanteilen verstärkt zu aktivieren, sondern es geht darum, sich von ihnen zu distanzieren, so dass die Kraft des Menschen im Selbst zentriert wird. Wie auch in der Meditation praktiziert, sollen Gefühle wahrgenommen und gehen gelassen werden, d.h. dass man sich aus dem Verhaftet – Sein mit ihnen löst. Wenn aus einer solchen Perspektive heraus eine neutrale Position eingenommen wird, ist diese immer als eine mehrperspektivische zu verstehen, die auch das enthält, was ich mit dem Ausdruck einer inneren Weisheit beschreiben möchte. Wenn unter diesen Voraussetzungen mit einem Stuhl gearbeitet wird, so wird dieser außerhalb des bis dahin verhandelten Geschehens gesetzt. Der Klient wird gebeten, innerlich Abstand zum Bisherigen zu finden und dann die Position des neutralen Beobachters einzunehmen und aus dieser heraus zu sprechen. Dabei stellt er zum einen gebündelt dar, was er sieht, und zum anderen kann er einen Ratschlag ins Innere des Geschehens geben. Ich gebe dabei oftmals die Anweisung, mit „Herz und Verstand“ diese Position einzunehmen, um einer reinen intellektualisierenden Sichtweise entgegenzuwirken. Dieser Einsatz des Platzhalters vermittels eines Stuhls erweitert die Einsatzmöglichkeiten zur Klärung von intra- und interpersonalem Geschehen um die einer distanzgewinnenden Position. Wenn bisher die Arbeitsweise mit dem Platzhalter in ihrer Erscheinungsweise skizziert wurde, soll im Folgenden darauf eingegangen werden, auf welchen Faktoren ihre Wirkungsweise beruht.

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2.1 Platzhalter – Symbol – kreative Handlungsmedien

Platzhalter haben eine Nähe zum Symbol, sind jedoch nicht mit ihm gleichzusetzen. Es wird hier auf den Symbolbegriff eingegangen, weil es Supervisanden als einen symbolischen Akt erleben können, den als problematisch erlebten Berufskollegen oder Vorgesetzten auf dem Stuhl zu visualisieren. Der Begriff des Symbols stammt aus dem griechischen symbolon und enthält die Silben für zusammen- und werfen, es ist das Zusammengefügte, im weiteren Sprachgebrauch das (Kenn-)Zeichen. Symbole sind meistens visuelle oder sprachliche Zeichen, die auf etwas außerhalb ihrer selbst verweisen. Kulturelle Überlieferungen und von sozialen Gruppen bestimmte Bedeutungsgebungen können sich in der Art niederschlagen, in der im Allgemeinen ein Symbol gedeutet wird, grundsätzlich weisen aber Symbole ein Mehr an Bedeutungen auf, so dass sie sich nicht restlos verstehen, entschlüsseln oder aufklären lassen. In Beratungskontexten schlägt sich das in dem Umstand nieder, dass häufig ausgewählte Gegenstände in der Arbeit mit Symbolen zwar zu ähnlichen Anlässen genommen, aber unterschiedlich gedeutet werden. Die Bedeutungsgebung des Symbols ist ein individueller Vorgang und mit der Möglichkeit oder Entscheidung, wie man auf die Welt blickt, vermittelt (vgl. Witte 2001). Der Bedeutungsüberschuss (Kast 1990) fordert vom Nutzer die aktive Leistung der Interpretation des Symbols, die Reduzierung von möglichen, im Gegenstand enthaltenen auf die für diesen Fall relevanten Bedeutungen, wobei auch die gewählte Bedeutung mehrere Aspekte enthält. Hierbei wird die Kreativität des Beratenden angeregt, seine Sinne und Emotionen berührt werden, die Problembearbeitung bleibt nicht auf rein intellektuellen Ebenen beschränkt. Im Beratungsprozess steht das Symbol für ein sichtbares Zeichen einer unsichtbaren Welt und dient der Kommunikation, das Unsichtbare sichtbar und bearbeitbar zu machen.

Ein Stuhl ist immer auch ein Symbol, weil seine Form eine Assoziation auslöst. Diesen Aspekt nutzen psychodramatische Supervisoren, wenn sie verschiedene Stuhlformen für die jeweilige Arbeit zur Auswahl anbieten können. Die Arbeit mit dem Stuhl in seiner Funktion als Platzhalter aber unterscheidet sich vom Symbol zum einen, weil bei ihm die Gebrauchsfunktion sehr präsent ist, was die Symbolfunktion tendenziell eher in den Hintergrund treten lässt, zum anderen weil in der spezifischen Methodik der Arbeit mit dem Platzhalter das, was er symbolisiert, durch den Supervisanden erst herausgearbeitet werden muss. Der Supervisand nutzt den Stuhl als einen Ort, von dem aus er den inneren Anteil oder die visualisierte Bezugsperson mittels seiner Aussagen lebendig werden lässt. Wenn er den Platz wechselt und zu dem Anteil oder der Person spricht, so ist der Platzhalter Stuhl der Träger dieser Ausgestaltung des Supervisanden und der dem Stuhl inhärente Symbolwert ist eher als karg anzusehen. Dagegen bilden in der Symbolarbeit die Vielfalt der Bedeutungsaspekte, die über die aktive Interpretation des Supervisanden und sein Herstellen von Zusammenhängen zum angegebenen Problem, die methodische Arbeitsgrundlage. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Stuhl-Platzhalter- Arbeit tendenziell eher als aktiv, die Symbolarbeit dagegen als eher reaktiv zu verorten.

Um den Unterschied zum Symbol zu verdeutlichen, ist es sinnvoll, auf Petzolds (1977) Einordnung des Platzhalters unter die Klassifikation der kreativen Handlungsmedien zurückzugreifen. Unter einem Medium, im Gegensatz zum Symbol, wird ein Träger rationaler und nicht rationaler Informationen und ein Mittel, durch das Menschen sich ausdrücken, verstanden. Petzold unterscheidet zwischen personalen Medien (Personen, wie z. B. der Lehrer, der Schülern als Medium zur Übermittlung von Lehrstoff dient), Handlungsmedien (wie Sprache, Gestik, Mimik, aber auch Trainingsmethoden und Lernspiele) mit der Untergruppe der kreativen Handlungsmedien (imaginative Arbeitsweisen, Rollenspiele) und Sachmedien, die er in technische Medien wie Video etc. und Materialmedien wie Schreib- und Malmaterialien unterteilt. Schreyögg (1992 a, S.390 ff.) unterscheidet zwischen der natürlichen Ladung, der Ladungsform und dem Ladungsprozess des Mediums. Unter Ersterem werden die kollektiven Bedeutungszuschreibungen verstanden, die z. B. Ton als erdig und eine Kasperfigur als Kinderspiel typisieren. Der natürlichen Ladung schreibt sie mehr oder weniger regressiven Charakter zu, da z. B. Ton mit „Matschen“ assoziiert werde. Die wahrgenommene Ladung des Mediums ist aber auch von der Bedeutungszuschreibung durch den Nutzer abhängig. Manager werden Filzstifte und Flipcharts sicherlich eher mit einer sachlichen Ladung assoziieren und daher höhere Bereitschaft haben, sich auf diese Medien einzulassen als auf das Kneten von Ton, was als berufsfremd und als Dreck abgelehnt werden kann. Die Passung des Mediums für den Supervisanden ist daher von zentraler Bedeutung für eine erfolgreiche Arbeit mit Medien. Unter der Ladungsform des Mediums ist der Umstand gefasst, dass die Medien jeweils die Verwendung spezifischer Sinne fordern, d. h. mehr visuell, akustisch oder kineästhetisch in ihrer Verwendung orientiert sind. Unter dem Ladungsprozess wird der Vorgang verstanden, mit dem der Supervisand seine meist prärationale Problemebene in das Medium implantiert und es damit für das Supervisionsgeschehen zur Verfügung stellt. Für die Arbeit mit dem Platzhalter Stuhl bedeutet dies im Falle einer interpersonalen Arbeit die imaginierte Bezugsperson auf dem anderen Stuhl anzusprechen und somit „ins Leben“ zu rufen. Unter den Aspekten der Ladung weist der Platzhalter Stuhl eine geringe natürliche Ladung auf, ist im Bereich der Ladungsform in visuellem und kineästhetischem Sinne abhängig vom vornehmlich genutzten Repräsentationstypus der jeweiligen Persönlichkeit (vgl. Bandler, Grinder 1994, S. 13 ff.) angesiedelt und benötigt einen hohen Ladungsprozess. Das Erste macht ihn sehr geeignet für die Nutzung in der Supervision, das Letztere geht aber auch mit einer erhöhten Hemmschwelle einher, da die Supervisanden Erfahrung brauchen bzw. gewisse Hemmschwellen überwinden müssen, um sich auf den gestalterischen Teil der Platzhalterarbeit einlassen zu können.

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2.2 Relevante theoretische Grundbegriffe für die Arbeit mit dem Platzhalter aus Psychodrama und Gestalttherapie

Bevor ich auf das konkrete Arbeiten in dieser Methode eingehe, möchte ich einen Rückgriff auf psychodramatische und gestalttherapeutische Grundbegriffe machen, um die Ziele und Absichten, die mit einer solchen Methodik verfolgt werden, genauer herauszuarbeiten. Da zwar beide Schulen mit dem Stuhl arbeiten, dies aber aufgrund jeweils anderer theoretischer Ausrichtung, ergeben sich unterschiedliche Perspektiven, die in der konkreten Arbeit genutzt werden. Im Psychodrama sind die Begriffe Rolle und Handeln von zentraler Bedeutung, während in der Gestalttherapie der Schwerpunkt auf Gestaltbildung bzw. dem Kontaktzyklus und besonders geschulten Wahrnehmungsvermögen liegt. Das Erstere hat eine sehr offensichtliche Anbindung an die Arbeitsweise der Supervision, da in dieser berufliches Handeln als Rollenhandeln verstanden wird. Der Bezug der Gestalttherapie zum beruflichen Handeln ist nicht so offensichtlich, da zunächst die Begrifflichkeiten der Gestaltbildung und Wahrnehmung ausgeführt werden müssen, dann aber ersichtlich wird, dass diese Grundvoraussetzung für jegliches effizientes Handeln sind.

In Morenos Blickpunkt steht das soziale und nicht das isolierte Individuum. Seiner Auffassung nach entwickelt sich der Mensch im Beziehungsnetz zu anderen Menschen und durch Interaktionen mit der sozialen und der natürlichen Umwelt. Er lebt durch seine Beziehungen und Interaktionen und kann diese kreativ und spontan gestalten. Seine Handlungstheorie beruht auf der Triade aus Spontaneität, Kreativität und Konserve (vgl. Buer 1999, S. 112 f). Handlung ist ihm zufolge eine Einheit aus physischen (sinnlich-praktischen), psychischen (gefühlshaften) und mentalen (intelligenten) Funktionen des Menschen. Ihr Ziel ist die Bewältigung von Situationen, indem der Mensch sie von einem Ist-Zustand in einen angestrebten Soll-Zustand verändert. Spontaneität meint den Impuls zum Tätigwerden und bezieht sich auf die Erwartung zur Handlung und die Bereitschaft des Handelns. Sie kann durch Sozialisations- und Entkulturalisierungsprozesse gehemmt und entmutigt sein. Kreativität als ein zentraler Teil menschlichen Verhaltens ist die Fähigkeit, neue und den Situationen adäquate Leistungen zu produzieren. Mit ihrer Hilfe können unterschiedliche Ideen, Aspekte, Konzepte erkannt, miteinander ergänzt und zu einem neuen Ganzen verknüpft werden. Es geht hierbei nicht so sehr um neu im Sinne von noch nie da gewesen, sondern um die Fähigkeit, umzustrukturieren und veränderte Zusammenhänge und Antworten zu schaffen. Unter Kulturkonserve versteht Moreno die Einbindung der neu gefundenen Handlungsstrukturen in Bestehendes. Auf der einen Seite ist die Konservierung von Handlungsmustern wichtig, weil sonst, um mit einer Metapher zu sprechen, das Rad jeden Tag neu erfunden werden müsste, andererseits besteht für kulturelle und individuelle Weiterentwicklung die Notwendigkeit den Handlungskreislauf zwischen den drei genannten Aspekten immer wieder anzuregen. (vgl. Moreno 1974.). Im Zusammenhang mit Handeln ist Morenos sozialpsychologische Rollentheorie zu erwähnen, in der er den kategorialen Rollenbegriff mit dem aktionalen verbindet. Im kategorialen Rollenverständnis wird auf die sozial festgelegten Erwartungen und Normen fokussiert. Diese Begriffsbestimmung erweitert Moreno um den aktionalen Rollengegriff, der das Moment des individuell gestaltenden Handlungsmusters betont. Damit wird Realität als durch Handeln veränderbar definiert. Anschließend an die Rollentheorie postuliert Moreno, dass die Fähigkeit zur Rollenentwicklung in der psychischen Entwicklung mit der Fähigkeit der Einfühlung und Perspektivenübernahme einhergeht. Diese beiden Fähigkeiten sind zentrale Voraussetzung zur konstruktiven Gestaltung von zwischenmenschlichen Beziehungen und effizienten Handlungen. Auf diesen theoretischen Grundkonzeptionen basiert psychodramatische Arbeit, die Techniken aus dem Theaterbereich, der Soziometrie und der Gruppentherapie nutzt, um Menschen über das darstellende Spiel und ihre Reflexion Konflikte und Handlungsbehinderungen zu verdeutlichen und sie in ihrer schöpferischen Umgestaltung zu unterstützen. Psychodramatisch orientierte Arbeit mit dem Stuhl bezieht sich schwerpunktmäßig auf die interpersonale Ebene und zielt darauf ab, die Rolle des Klienten gegenüber der visualisierten Bezugsperson zu erkennen und so weit auszugestalten, dass sich sein Handlungsspielraum vergrößern kann.

In der Gestalttherapie dagegen rückt zu Zeiten von Perls der Mensch in die Vereinzelung, was sich z. B. im Gestaltgebet zeigt, wenn dort betont wird, dass der Mensch nicht auf dieser Welt ist, um den Erwartungen des anderen zu genügen (Perls 1992, S. 163). In dieser Lesart meinen die humanistischen Prinzipien des Wachstums und der Selbstentfaltung wirklich den Einzelnen ohne seine Einbindung in das soziale Netz zu thematisieren. In der kritischen Revision der Gestalttherapie rückte man zwar von Perls solipsistischer Haltung ab (vgl. Wheeler 1993 ), aber das Thema Rolle und Rollenhandeln blieb unterbelichtet, was u. a. mit dem Organismus-Umwelt-Feldbegriff zusammenhängt. In ihm wird der Mensch als eine organismische Einheit aus Köper, Kognition und Emotion verstanden. Er wird einer Umwelt zugeordnet, die ihrerseits aus Organismen besteht, wobei theoretisch keine Unterscheidung getroffen wird, ob es sich hierbei um Bezugspersonen, soziale Netzwerke, Organisationen, gesellschaftliche oder natürliche Umwelt handelt. Mit dieser Umwelt bildet der Mensch eine übergeordnete Einheit und zwischen beiden besteht ein interdependentes Verhältnis, wobei eine holistische Sichtweise auf den Menschen und seine Beziehung zur Umwelt in Anspruch genommen wird, die aber vorab nicht methodisch entwickelt wurde.

In der gestalttherapeutischen Theorie ist die Gestaltbildung und der aus ihr folgende Kontaktzyklus Voraussetzung für Handeln. Das Konzept der Gestaltbildung ist in der Gestaltpsychologie begründet. Der österreichische Psychologe Christian von Ehrenfels führte 1890 den Begriff der Gestalt in die Psychologie ein und definierte ihn als seelische Ganzheit mit den zentralen Eigenschaften der Übersummativität und der Transponierbarkeit. Veranschaulichen lässt er sich am Beispiel einer Melodie, die bei Transponierung auf eine andere Tonebene ihre Melodiegestalt behält, obwohl sich jeder ihrer Teile ändert. Es ist also die Gesamtheit der Beziehungen der Elemente untereinander, die die Gestalt entstehen lässt. Max Wertheimer (Wertheimer 1957), ausgehend von Laborexperimenten mit optischen Täuschungen, wies nach, dass Gestalten durch Strukturierung des Wahrnehmungsfeldes entstehen, und nannte verschiedene Gesetzmäßigkeiten ihrer Organisation. In späteren Forschungen der Gestaltpsychologie kam man zu der Erkenntnis, dass neben allgemeinen Gestalteigenschaften auch die Bedeutung, die der Gegenstand für den Betrachter besitzt, die Figurenbildung beeinflusst. Im weiteren Verlauf verlor die Gestaltpsychologie den Charakter einer reinen Wahrnehmungspsychologie, entwickelte eine Feldtheorie (Lewin) und formulierte den Isomorphiebegriff, worunter Wolfgang Köhlers Hypothese verstanden wurde, in der er, aufgrund struktureller Übereinstimmungen und Wechselwirkungen, zwischen physikalischen/physiologischen und psychologischen Prozessen von einer Gültigkeit gestalttheoretischer Auffassungen und Befunde im Physikalischen wie im Psychischen ausging. (Walter 1977, S. 18). Gestaltbildung besagt, dass sich vor einem formlosen, unstrukturierten (Hinter)grund eine prägnante, umgrenzte, geschlossene Figur (Gestalt) abhebt. Der (Hinter)grund wird von der Figur nicht unterbrochen, verleiht ihr Perspektive. Die Figur ist im Zentrum der Aufmerksamkeit, da sie näher als der undifferenzierte Grund erscheint und selbst eindrücklicher ist. Auf dieser Grundkonzeption entwarf Perls sein Kontaktzyklusmodell, das er meist mit biologistischen Beispielen belegte, wobei der Anspruch war, dass es gleichermaßen für soziales wie auch rein praktisches Handeln gelte. Später wurde es durch die Clevelandschool erweitert und hier wurde der Aspekt der Bedeutungsgebung bei Wahrnehmung und Handeln besonders berücksichtigt. In der Version Perls’, die ich der einfachen Verständlichkeit halber hier aufführe, werden vier Phasen genannt. In der ersten nimmt der Mensch einen Impuls oder ein Bedürfnis in sich wahr, in der folgenden Phase entwickelt er Handlungsstrategien zur Bedürfnisbefriedigung und in der dritten Phase, dem Kontaktvollzug, führt er seine Handlung aus, um sein Bedürfnis zu befriedigen bzw. seinen Impuls in Handlung umzusetzen. Hier entsteht ein intensiver Austausch mit seiner jeweiligen Umwelt. In der vierten Phase zieht sich der Mensch zurück, um gewonnene Erfahrungen etc. zu integrieren. Probleme oder Handlungsbehinderungen entstehen, weil eine oder mehrere Phasen des Kontaktzyklusses nicht ausreichend durchlaufen wurden und der Gestaltbildungsprozess ins Stocken geriet. Um den Gestaltbildungsprozess wieder in Gang zu bringen wird auf die Ausübung von Awareness zurückgegriffen. Darunter wird zunächst das bewusste Wahrnehmen und Erleben des Klienten im Hier und Jetzt bzw. im Damals und Dort in Bezug auf ein Problem verstanden. Es wird davon ausgegangen, dass mittels dieses bewussten Wahrnehmens/Erlebens Veränderungsprozesse in die Wege geleitet werden, da der Klient erfährt, was seine Handlungsimpulse und seine -behinderungen sind, und er sich damit einhergehenden Gefühle und Gedankenkonstellationen bewusst wird. Ziel gestaltberaterischen Arbeitens ist es, mittels bewusstem Wahrnehmen-Erlebens eine ins Stocken geratende Gestaltbildung wieder in den Fluss zu bringen, aus der dann neue Handlungsstrategien entwickelt werden können.

Man kann an dieser Stelle festhalten, dass sich psychodramatisches und gestaltberaterisches Vorgehen in dem Punkt ähneln, wo sie in die Kreativität des Einzelnen zur Lösung von Handlungsbehinderungen setzen, dass sie sich aber im Mensch-Welt-Bild unterscheiden. Die Fähigkeit zur Wahrnehmung und Bildung vollständiger Kontaktzyklen kann als Voraussetzung für effizientes Handeln angesehen werden, es braucht aber die Anbildung an Rollengestaltung, um der Besonderheit der Konstellation Mensch- Organisation, wie sie für berufliche Zusammenhänge kennzeichnend ist, Rechnung zu tragen.

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2.3 Arbeitsweisen mit der Methode des Platzhalters

Um auf die konkreten Einsatzmöglichkeiten des Platzhalters und die damit verbundenen Zielsetzungen in der supervisorischen Tätigkeit näher eingehen zu können, sollen vorab die Fragen geklärt werden, wann die Arbeit mit dem Platzhalter in der beraterischen Tätigkeit sinnvoll und wie sie durchführbar ist. Die erste Fragestellung nach dem „wann“ ist eine doppeldeutige, da sie sich einerseits nach dem Zeitpunkt des Einsatzes erkundigt, aber in ihr auch die Indikationsfrage mitschwingt. Im Folgenden wird sich zeigen, dass diese Doppeldeutigkeit nicht alleine der deutschen Sprache geschuldet ist, sondern auch ein innerer Zusammenhang besteht.

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2.3.1 Zeitpunkt und Indikation

Wenn die Arbeit mit dem Stuhl als Platzhalter meist dem gestaltberaterischen Verfahren zugeordnet wird, beanspruchen bisweilen Psychodramatiker diese Methode als eine ihrem Verfahren originäre. Wenn ich hier zunächst auf den Verlauf einer psychodramatischen Supervision eingehe, geschieht dies zum einen, weil die Arbeit mit dem Stuhl deutlich theatrale Momente aufweist, die im Psychodrama theoretisch fundierter ausgewiesen sind, zum anderen weil auch gestaltberaterische Phasenmodelle dieser Arbeitsweise dicht an dem aus dem Psychodrama abgeleiteten Phasenmodell orientiert sind. Im Psychodrama gibt es üblicherweise einen triadischen Verlauf, den der Anwärm-, Bühnen- und Abschlussphase (vgl. Leutz 1974, S. 94 ff.), die Petzold um eine vierte, die der Neuorientierung erweitert hat (Petzold 1979, S. 79ff.). Wenn sich Richter / Fallner (1989, S. 57 ff.) auf das letztere Modell in der Supervisionsarbeit beziehen, so entwirft Buer (2001, S. 118f.) ein 6-phasiges Modell für psychodramatische Supervision. In der Vorbereitung (1. Phase) werden die Themen benannt und der Bezug zum zu bearbeitenden Thema wird hergestellt. Dabei spielt es nicht so sehr eine Rolle, ob das Thema bereits mitgebracht oder erst in der Eingangsrunde als Thema sichtbar wurde. Es geht vielmehr darum, einen inneren Kontakt zum Thema herzustellen, es dergestalt einzuführen, dass es für alle Beteiligten als Thema erkennbar und spürbar wird und eine Brisanz enthält, die eine Bearbeitung notwendig erscheinen lässt. In der 2. Phase geht es um die konkrete szenische Darstellung, das darstellende Spiel. Vorausgegangen ist dem aber eine weitere Präzisierung, Klärung und Zuspitzung der Themenaspekte, so dass ihre Darstellung in einer Szene überhaupt möglich wurde. Dieses Geschehen löst bei allen Beteiligten unterschiedliche Resonanzen aus , sei es aus der Perspektive der Identifikation mit dem Protagonisten oder seiner dargestellten Gegenüber, sei es aus einer sehr entfernten Beobachterposition oder eigenen (beruflichen) Erfahrungen heraus, die das dargestellte Spiel ausgelöst hat. In der 3. Resonanzphase werden diese Eindrücke mittels Feedbacks oder spezifischer (psychodramatischer) Techniken in den Supervisionsprozess hineingegeben. In der 4. Phase entsteht Klärung, die schwerpunktmäßig durch die Spielerfahrung und den Rückmeldungs- und Erfahrungsaustausch eingeleitet wurde. In der 5. Phase werden diese Erfahrungen, Erkenntnisse und Einstellungen in den inneren Erfahrungsschatz des Falleinbringers integriert, um hieraus in der 6. Phase neue Handlungsorientierungen abzuleiten und herauszuarbeiten.

Da im gestaltberaterischen Modell darstellende Spielsequenzen stattfinden können, aber es nicht zwangsläufig müssen, gestaltet sich der Verlauf in den ersten Phasen etwas anders. Hier ist es grundsätzlich das primäre Ziel, eine Figur vor einem Hintergrund deutlich werden zu lassen und im weiteren Vorgehen die Zusammenhänge von Hintergrund und Vordergrund zu verstehen und zu verdeutlichen. Streng logisch gesehen, stellt das gewählte Thema bereits eine Figur dar, aber aus gestaltberaterischer Sicht würde man erst von der Figur sprechen, wenn das Problem so weit fokussiert ist, dass die Ansatzpunkte zur Bearbeitung deutlich geworden sind. Für die eingangs erwähnten drei Möglichkeiten des Einsatzes der Methode des Platzhalters verlangt dies bei der Klärung eines intra-personalen Konflikts, dass deutlich geworden ist, dass die Ambivalenz im Konflikt charakteristisches Merkmal ist und die beiden Pole bereits benennbar geworden sind. Handelt es sich um eine inter-personale Problematik, muss das Stadium erreicht sein, dass der Falleinbringer die betreffende Person deutlich visualisieren kann und bereit ist, sich auf ein vorgestelltes Gespräch mit ihr einzulassen. Im Falle des Einsatzes des Platzhalters als neutralen Beobachter muss bereits ein problematisches Geschehen in vielen Abschnitten bearbeitet worden sein, die Außensicht als notwendiges Mittel zum weiteren Lösungsvorgehen erscheinen und der Supervisand in der Lage sein, sich von dem bisherigen Geschehen zu distanzieren. Der Einsatz szenisch-gestaltender Arbeit ist immer als ein Ebenenwechsel zu verstehen, indem die Ebene des reflexiven Gespräches zugunsten eines Erlebens und Gestalten verlassen wird. Im Ersteren befindet sich der Supervisand in einer gewissen distanzierten Position. Er ist zwar auch von seinen Gefühlen und Eindrücken berührt, schildert Umstände und Fakten, analysiert, reflektiert, d. h., er lässt sich berühren, aber er ist verglichen mit der darstellenden Ebene nicht mitten im Geschehen. Für die Indikation der Methode Platzhalter ist demzufolge wichtig, dass dieser Ebenenwechsel für eine erfolgreiche Weiterführung des Supervisionsprozesses notwendig erscheint. Des Weiteren gelten aber auch die Kriterien, dass die Methode dem Berater vertraut ist und in seinen Beratungsstil passt, dass der Supervisand offen für diese Methode ist bzw. Erfahrungen mit dem Methodeneinsatz mitbringt und dass diese Methode dem Problem und der gegebenen Supervisionssituation angemessen ist.

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2.3.2 Ausgewählte Techniken für die Arbeit mit Platzhaltern

Prinzipiell schließe ich mich Buers Auffassung an, dass es im „Kontext der Supervision […]sinnvoll [ist], zwischen Untersuchungs-, Veränderungs- und Integrationstechniken zu unterscheiden“ (Buer 2001, S. 111). Ich werde mich hier aber nur auf Techniken, die im Zusammenhang mit dem Platzhalter Stuhl verwendet werden (können) beschränken, um diese Methode zu verdeutlichen. Sie sind in den Bereichen der Untersuchung, Verdeutlichung und der Veränderung angesiedelt. Dass diese Art der Arbeit auch den Bereich der Integration umfasst, setze ich als selbstverständlich voraus, beschreibe aber nicht die entsprechenden Techniken, da sich m. E. der Integrationsabschnitt der Platzhalterarbeit nicht von dem in der Arbeit mit anderen kreativen Medien oder einem Supervisionsprozess an sich unterscheidet. Ebenso gilt es, das Augenmerk darauf zu lenken, dass die Arbeit mit dem Platzhalter einen Ebenenwechsel voraussetzt, der zu einem anderen Zeitpunkt wieder rückgängig gemacht werden muss, d. h. dass wieder die reflexive Gesprächsform etabliert wird.

Folgende Techniken sind prinzipiell nicht einer therapeutischen oder beraterischen Schule per se zuzuordnen, sondern werden von unterschiedlichen Schulen in unterschiedlichen Zusammenhängen genutzt, d. h., sie sind nicht alleine auf eine kreativ-darstellende Arbeitsmethode beschränkt. Sie basieren auf Theatertechniken, die eine vertiefte und authentische Darstellung einer bestimmten Rolle ermöglichen sollen. Peters (1996, S. 86) verweist auf den engen Zusammenhang von tradierten Heilformen und Theater. So enthalten die Methoden zur Entwicklung der Persönlichkeit des Schauspielers nach Stanislawski, Grotowski, Strassberg u. a. ein hohes Potenzial an Veränderungswirksamkeit, und Perls und Moreno nutzten Elemente aus dem Theater, um Veränderungen bei ihren Klienten zu erzielen. Die Eignung dieser Techniken für das Theater und für die Beratung und v. a. für Supervision liegt darin begründet, dass das Handeln den Kern ausmacht. Aus theaterpädagogischer Sicht geht es darum, sich die gewählte Rolle in den unterschiedlichsten Aspekten anzueignen. Dies setzt Wahrnehmen, Verstehen, Analysieren, Selbstbezug und Gestaltung als basale Elemente zur Rollengestaltung voraus. Da es in der Supervision u. a. um die Ausgestaltung oder Klärung der beruflichen Rolle (oder von Handlungskonflikten) geht, sind eben gerade diese Elemente auch Bestandteil supervisorischen Arbeitens. Folgende sind die gängigen Techniken, die in der Arbeit mit dem Platzhalter Stuhl genutzt werden können:

Identifikation (Monolog): Hier wird der Supervisand aufgefordert, sich mit der darzustellenden Person oder dem inneren Anteil zu identifizieren und mit den Worten „Ich bin…“ zu beginnen. Im weiteren Verlauf assoziiert er weiter, so dass das Handeln, die Einstellungen, Hintergründe, Motivationen und Beweggründe der Person oder des Persönlichkeitsanteils plastisch werden. Im Allgemeinen treten hierbei Informationen zu Tage, die dem Supervisanden vorab wenig oder nur teilbewusst waren. Vom Supervisor ist darauf zu achten, dass die Identifizierung und Ich-Form der Sprache strikt beibehalten werden.

Interview: Diese Technik kann im Zusammenspiel mit verschiedenen anderen Techniken eingesetzt werden. Im Allgemeinen hat sich der Supervisand mit einer Rolle oder einer bestimmten Position identifiziert bzw. sich auf sie visuell konzentriert. Die offenen und in einfacher Form gehaltenen Fragen des Supervisors sind so angelegt, dass sie dem Supervisanden helfen diese Rolle intensiver zu gestalten. Des Weiteren können aber auch Fragen gestellt werden, die Aspekte, die bisher ausgelassen wurden, aber von denen der Supervisor vermutet, dass sie zur Problemklärung dienen, beleuchten.

Visualisierung: Hier wird der Supervisand aufgefordert, sich eine bestimmte Person oder Situation deutlich vor Augen zu führen. Die eignen Augen zu schießen und eine bequeme Sitzhaltung einzunehmen, erweist sich oft als förderlich. Da nicht alle Menschen gleichermaßen visuelle Repräsentationssysteme bevorzugen (Bandler, Grinder 1994, S. 18f) kann es durchaus sein, dass einige Supervisanden sich zwar in der vorgestellten Situation erleben, aber nichts sehen. Dies mindert nicht die Nutzung dieser Technik.

Dialog mit vorgestelltem Partner: Der Supervisand wird gebeten, sich die für die Problemklärung wichtige Person auf dem gegenüberstehenden Stuhl vorzustellen und ihr das mitzuteilen, was ihm wichtig ist. Ergibt sich eine Pause in der Mitteilung, die erwarten lässt, dass eine Antwort seitens der vorgestellten Person erfolgen müsste, bzw. hält der Supervisor diesen Zeitpunkt für gekommen, so interveniert er und fragt nach der möglichen Antwort. Handelt es sich hier eher um eine kurze Sequenz, bleibt der Supervisand auf seinem Stuhl sitzen und spricht die Antwort laut aus, auf die er sich dann im Folgenden bezieht.

Rollentausch bzw. Perspektivwechsel: Ist der Supervisand in den darstellenden Techniken geübt und hat die Problembearbeitung eine ausreichende Prägnanz erfahren, dann kann er wie z. B. im o.g. Fall – die Rolle wechseln und aus der Position des Gegenübers sprechen. Beim Rollenwechsel ist darauf zu achten, dass der Supervisand zwischen den Rollen einen Moment des Abschaltens, des Sich-Distanzierens von der alten Rolle einlegt, um sich dann auf die neue zu konzentrieren. Dem Supervisor kommt die Aufgabe zu, die einzelnen Phasen trennscharf zu halten und zentrale Aussagen zusammenzufassen, um so einerseits den roten Faden der Darstellung zu erhalten und zum anderen den Supervisanden in seiner Rollenkonzentration zu unterstützen.

Maximieren: Hierunter werden Formen des Vergrößerns und der Verstärkung verstanden. Sie können sich auf Lautstärke der Stimme, Körpersprache oder Eindrücklichkeit der Wortwahl beziehen. Ziel ist es hierbei, den Fokus auf z. B. eine bestimmte Geste so zu intensivieren, dass der damit assoziierte Inhalt dem Supervisanden präsenter wird. Methodisch funktioniert diese Technik auf der Ebene der Provokation und löst meist tiefere Lernprozesse aus.

Desidentifikation: Diese Technik entstammt nicht dem gängigem kreativen Methodenrepertoire, sondern der Psychosynthese. Sie kommt zum Einsatz, wenn bereits das Spielgeschehen beendet ist oder wenn die in der jeweiligen Supervisionssitzung genutzten Interventionsformen den Prozess nicht wirklich vorangetrieben haben, somit der Eindruck entstand, dass der Supervisand sich im Kreise dreht. Er erhält die Aufforderung, sich von seinem Platz zu erheben und sich von diesem zu entfernen und bei jedem Schritt auszuatmen, womit der innere und äußere Abstand symbolisiert und vollzogen wird. An einer anderen Stelle angekommen, soll er die Position des neutralen Beobachters, der mit Herz und Verstand und aus den verschiedensten Perspektiven blicken kann, einnehmen. Aus dieser Position heraus soll er die Frage beantworten, um was es dort (bisherige Aktion) gegangen ist und (falls möglich) welchen Rat er dem Akteur, der der Supervisand bisher war, geben möchte. Wenn der Supervisand sich später wieder in die eigene Rolle begibt, sollten diese Sätze ihm vom Supervisor gespiegelt werden.

Experiment: Dies ist eine spezifische gestaltberaterische Technik, die Eruierung der Situation, Selbsterkenntnis, -exploration und kreative Veränderung zusammenfasst. Zinker (1982, S. 128ff.) beschreibt verschiedene Variabeln des Experiments, die nicht unbedingt in einer gegebenen Reihenfolge eingehalten werden müssen. Hierzu gehören u. a., dass der Berater, ausgehend von einer bestimmten Beobachtung des Klienten, diesem ein Experiment vorschlägt. Dieser kann sich zu dem Vorschlag verhalten im Sinne einer Ablehnung, Annahme oder es kann eine Modifikation erarbeitet werden. Ein wichtiges Element bildet die Einstufung, unter der die Wahl eines angemessenen Schwierigkeitsgrades verstanden wird. Nach der Durchführung des Experimentes werden die erlebten Erfahrungen und Einsichten mit dem Klienten besprochen. Der Unterschied zwischen einem Experiment und einer psychodramatischen Gestaltung ist inhaltlich nicht völlig trennscharf. Beide Methoden enthalten die Elemente des Sich-Ausprobierens, des Gestaltens, des Veränderns. Schwerpunktmäßig zielt das Experiment auf die Überprüfung und die mögliche Veränderung der bisherigen Einstellungen und Handlungsweisen bzw. die aktuelle Umsetzung neuer, im Beratungsprozess gewonnener Überzeugungen und die psychodramatische Gestaltung auf die Darstellung und Erkundung alter Handlungsstrategien oder Rollenmuster bzw. auf die Ausgestaltung neuer alternativer Handlungsstrategien und Rollengestaltungen.

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2.3.3 Ebenenwechsel

Folgende Arbeitsweise habe ich in der gestaltberaterischen Literatur nicht beschrieben gefunden, sie aber durchaus in der Praxis erlebt. Sie lässt sich mit der Arbeit mit Metaphern, wie sie Kuhlmann (2000) beschreibt, in ihrer Funktionsweise erklären, geht aber über diese hinaus. Kuhlmann definiert Metapher als ein Wortbild, in dem sich Selbstkonzepte, Weltbilder, Überzeugungen, die für die betreffende Person handlungs- und erlebnissteuernd sind, beschreiben lassen. Ist im vorausgegangenen Klärungs- und Reflexionsprozess dieses Wortbild entstanden, so wird in einem Dekonstruktionsprozess hinterfragt, welche offensichtlichen und unbewussten Implikationen darin enthalten sind. Für eine z. B. von Therapeuten oft genutzte Metapher, dass die Arbeit drei Schritte vor und zwei zurückgehe, impliziert dies, danach zu fragen, wer die Schritte vor und wer die Schritte zurückgeht, wer als Erster geht und wohin gegangen wird. Der besondere Moment dieser Arbeitsweise liegt darin, dass ein bestimmter Problembestand in ein Bild gefasst wurde und der Supervisand sich dann in diesem Bild weiterbewegt. Von einer analytischen und reflektierenden Ebene wird auf eine andere Ebene umgeschaltet, die weitaus anschaulicher ist, man kann sagen, dass von einem digitalen Betrachtungsmodus in einen analogen umgeschaltet wurde. Damit werden gewohnte Perspektiven zunächst einmal verlassen und man muss sich in der Bildwelt orientieren. Die hier gewonnenen veränderten Handlungs- und Deutungsmuster müssen zum Abschluss wieder auf die ursprüngliche Ebene zurücktransportiert werden, um für den Berufsalltag relevante Handlungsstrategien zu entwickeln. Die von Kuhlmann beschriebene Vorgehensweise bleibt aber auf den sprachlichen und visuellen Rahmen beschränkt. Der von mir hier vorgestellte Ebenenwechsel bezieht jedoch andere Darstellungsformen ein, anstelle des Wortbildes wird eine Körperfigur oder Bewegungssequenz, ein vom Supervisanden gemaltes Bild oder eine erstellte Grafik oder ein anderer Gegenstand gewählt. Verglichen mit der Metaphernarbeit ist diese Arbeitsweise noch anschaulich konkreter und schließt meist Körperaktivität mit ein. Diese Momente sind unter Einbeziehung neurophysiologischer Betrachtungsweisen für das weitere Lösungsvorgehen interessant. Eine sehr vereinfachte, für diesen Rahmen aber ausreichende Darstellung der Gehirnareale besagt, dass das Großhirn in zwei unterschiedliche Bereiche unterteilt ist, die jeweils unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Danach ist bei Rechtshändern die linke Seite eher für analytisches, rationales und lineares Denken und die rechte für ganzheitliches, bildhaftes und kreatives Denken zuständig. Für Körperbewegungen gilt, dass die rechte Hemisphäre linke Körperpartien steuert. Beide Hirnhälften sind durch einen Nervenstrang, den Corpus Callosum oder Balken, verbunden. Für eine effiziente Bearbeitung anstehender Aufgaben ist die Verarbeitung von Informationen von beiden Hemisphären wichtig, wobei ein kontinuierlicher Austausch über den Balken stattfindet (vgl. Birbaumer, Schmidt 1999, S. 667f.). Unter Einbeziehung neurophysiologischer Erkenntnisse findet beim Ebenenwechsel, wie ich ihn hier darstelle, nicht nur ein Perspektivenwechsel statt, sondern auch eine möglicherweise vorangegangene einseitige Belastung der Hemisphären wird durch wieder einsetzende Überkreuzverbindungen der Hemisphären aufgehoben. Dazu trägt zum einen die Körperbewegung selbst bei sowie der Wechsel von eher abstrahierenden Vorstellungen zu anschaulich-konkreten Betrachtungsweisen. Wenn also auf neurologischer Ebene andere synaptische Verbindungen genutzt werden, macht das im Erleben des Supervisanden wahrscheinlich, dass er neue Lösungswege findet. Hinzu kommt, dass die Lösung auf der Körperebene gefunden werden kann wenn z.B. eine Problematik in einem Körperbild bzw. –figur veranschaulicht wird. Dabei wird die Fähigkeit des Körpers Bewegungsaufgaben effektiv zu lösen, ohne sich Gedanken zu machen, genutzt. Bleibt man in dem Bild des Drei-Schritte-Vor- und-Zwei- Schritte-Zurückgehens, kann deutlich werden, dass darin z. B. ein Rhythmus, vielleicht sogar ein Tanzschritt liegt, dass es wichtig sein mag, sich umzuschauen und man deshalb wieder zurückgeht etc. Betrachtet man diesen Ebenenwechsel unter dem Aspekt des Lernens, so wird die Lösung durch den Umstand gefunden, dass auf bekannte Lösungsmuster zurückgegriffen und an Lösungserfolge angeknüpft werden kann. Die negativ verstärkte Schleife der gescheiterten Lösungsversuche wird durch die der gelungenen Lösungen ersetzt. Ist eine Lösung auf der anschaulichen Ebene gefunden worden, so ist der nächste Schritt im supervisorischen Prozess, diese „metaphorischen“ Lösungen in den beruflichen Alltag umzusetzen und entsprechende Veränderungen zu integrieren.

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2.4 Fazit

Die Methode der Arbeit mit dem Platzhalter umfasst die Bereiche intra- oder interpersonale Problemlage, neutraler Beobachter und Experiment mit Ebenenwechsel. Sie gehört zur Methodik der Verwendung kreativer Handlungsmedien und erfordert darstellendes, imaginatives und gestalterisches Handeln. Sie initiiert einen Ebenenwechsel von rational-reflexiv orientierter zu anschaulicher, erlebnisaktivierender und experimenteller Tätigkeit. In der Herstellung anschaulicher Settings ermöglicht sie die Reduktion von Komplexität, welches die Fokussierung auf den zu bearbeitenden Aspekt des Problems erleichtert. In diesem Sinne dient sie der Veranschaulichung und vertieften Erkenntnis der Problemlage. Betrachtet man sie unter dem Aspekt digitaler und analoger Kommunikation, so basiert sie auf der verstärkten Nutzung der Letzteren, die auf dem Gebiet von Beziehungen ein hohes semantisches Potenzial besitzt. Hier wird im Einsatz von wenigen Worten und entsprechender Körpersprache ein reicher Inhaltsgehalt gut verständlich transportiert (vgl. Watzlawick 1974, S. 68). Dies impliziert auch, dass das, was in digitalen Modalitäten schwer oder umständlich zu vermitteln war, leicht vermittelbar wird. Diese Methodik fordert den Einsatz verschiedener Sinne, was auf neurologischer Ebene die Vernetzung verschiedener Hirnareale fördert, Neues mit Bekanntem auf lerntheoretischer Ebene verbinden kann und auf phänomenologischer Ebene den Ausdruck von Vorbewusstem, nicht rationalen Phänomenen und Selbstausdruck ermöglicht. Mit dieser Methode können Perspektivwechsel und die Weiterführung von abgebrochenen oder steckengebliebenen Kommunikationen gefördert werden. Da gestalterisches und experimentelles Handeln im Vordergrund stehen, fördert sie neben der Darstellung von bereits genutzten Handlungs- und Deutungsmustern des Supervisanden die Veränderung dieser und ermöglicht Probehandlungen. In diesem Sinne erweist sie sich als eine lösungsorientierte Methode. Sie ist gleichermaßen im Bereich der Diagnose und der Veränderung einzusetzen.

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3 Die Nutzung der Methode des Platzhalters in der Supervision

Beginnen möchte ich dieses Kapitel mit Überlegungen zur Auswahl von Kriterien, die einen Methodeneinsatz rechtfertigen Vor dem Hintergrund meiner Berufsbiographie, die unterschiedliche Ausbildungen und Tätigkeiten beinhaltet, wie die der Künstlerin (Tanz-Theater), Pädagogin, Therapeutin und Supervisorin (wenn auch noch nicht ganz am Ende der Weiterbildung), betrachte ich den Einsatz jeglicher Methode im Rahmen folgender Primärfaktoren: Kontext, Auftragsziel und Klientel. Sind die Kriterien für diese Bereiche deutlich herausgearbeitet, wird mir die Beantwortung, ob und inwieweit die jeweilige Methode im konkreten Setting einsetzbar ist, möglich. Zu den Sekundärfaktoren zähle ich, dass die Methode in den Beratungsstil des Beraters integrierbar sein sollte, der Zeitpunkt im Prozess für die gewählte Methode geeignet sein muss und der zu Beratende bereit ist, sich auf die Methode einzulassen.

Legt man zur Bestimmung von Supervision Belardis Definition von Supervision als „Weiterbildungs-, Beratungs- und Reflexionsverfahren für berufliche Zusammenhänge“ mit dem allgemeinen Ziel „die Arbeit der Ratsuchenden (Supervisanden) zu verbessern“ (Belardi 2002, S. 15), zugrunde, so fällt als oberste Kontextbestimmung das berufliche Feld auf. Zum Klientel gehören Berufstätige, die an der Verbesserung, Weiterentwicklung oder Optimierung ihrer Arbeitsergebnisse interessiert sind. Somit steht der handelnde Erwachsene in seiner beruflichen Rolle und seinem Aufgabenfeld im Vordergrund. Berufliche Handlungsfähigkeit wieder herzustellen bzw. zu verbessern muss daher als ein oberstes, wenn auch noch allgemein formuliertes Auftragsziel von Supervision angesehen werden. Berufliches Handeln ist durch verschiedene Komplexe bestimmt, die oftmals mittels der Metapher der Brille (vgl. Scala 1997, S. 70ff) beschrieben werden. Hierunter werden die verschiedenen Ebenen, die das berufliche Handeln beeinflussen und bestimmen, bezeichnet. Zum einen (aber nicht unbedingt als Erstes) wird die Person in ihrer beruflichen Sozialisation, Biographie und ihren (u. U. nicht nur beruflichen) Rollen betrachtet. Da der Berufstätige Teil eines Teams oder einer Gesamtorganisation ist, sind auch die Organisation und ihre Strukturen Gegenstand supervisorischer Betrachtung, ebenso wie das Klientel bzw. die Kunden, mit denen er arbeitet. Des Weiteren ist der Dynamik, die sich zwischen diesen Aspekten oder einigen von ihnen entwickelt, Aufmerksamkeit zu schenken. Bedeutsam sind diese Brillen u. a. in der Aufklärung der Begründetheit von Konflikten. Was sich z. B. an der Oberfläche als personaler Konflikt zwischen zwei Mitarbeitern oder Mitarbeiter und Vorgesetztem präsentiert, kann in Organisationsstrukturen, Verantwortungsbereichen oder auch Klientendynamiken begründet sein. Eine Reduzierung auf die Beziehungsdynamik oder Persönlichkeiten der betroffenen Mitarbeiter würde einer Problemlösung im Weg stehen.

Berufliches Handeln setzt immer Beobachtungs-, Erkenntnis und Reflexionsprozesse voraus, um zieladäquat zu sein. Für supervisorisches Arbeiten hat dies zur Konsequenz, dass diese Bereiche nachvollziehbar und transparent werden müssen. Auch besteht die Notwendigkeit, die Handlungsumsetzung ggf. im geschützten Raum auszuprobieren, um Handlungshindernisse aufzuspüren und zu beseitigen. Diese Prozesse können auch als Lern- bzw. Weiterbildungsprozesse gedeutet werden, da der Supervisand neue Handlungs- und Deutungsmuster in der Supervision erfährt und sie lernt umzusetzen. Auf dieser noch wenig spezifizierten Ebene supervisorischer Arbeit lässt sich für die Methodik der Arbeit mit dem Platzhalter festhalten, dass sie prinzipiell im Kontext von Supervision einsetzbar ist, da sie Beiträge – wie oben ausgeführt – zu den geforderten Zielsetzungen liefert. Zu spezifizieren ist hierbei, inwieweit sie in den Bereichen der Diagnostik und Intervention einsetzbar, wie sie in den unterschiedlichen Supervisionssettings nutzbar und für welche supervisorischen Bereiche sie eher ungeeignet ist.

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3.1 Einsatzmöglichkeiten der Methode im Bereich der Diagnose

Diagnose wird als der Vorgang der Erkenntnisgewinnung durch die Zuordnung eines Phänomens oder einer Gruppe von Phänomenen zu einer Kategorie verstanden, um, bildlich gesprochen, das „Übel an seinen Wurzeln“ zu erkennen und dann entsprechende Interventionsformen zur Beseitigung des Problems einzuleiten. Aus dem medizinischen und kausal ausgerichteten Denken ist die Vorstellung abgeleitet, dass erst eine Diagnoseerstellung eine erfolgreiche Intervention ermöglicht. Denkweisen, die von Sich-gegenseitigem-Bedingen, d. h. Zirkularität und Dialektik ausgehen, fassen den Prozess der Erkenntnis bzw. des Verstehens und denjenigen der Veränderung bzw. Weiterentwicklung als eine Einheit und setzen auf eine prozessuale Diagnostik. Dieses Diagnosemodell, das oft in Beratungssituationen genutzt wird, setzt auf Alltagsnähe der Diagnose und ihre Relevanz für die Lebenswelt des Klienten. Es distanziert sich von einer Etikettierung des Klienten durch den Experten. Es geht von einer idealerweise gleichwertig gedachten Subjekt- Subjekt-Beziehung zwischen Berater und Klient aus und nutzt daher die Haltung der dialogischen Verständigung zur Erstellung und Validierung der Diagnosen (vgl. Staemmler & Bock 1999). Im Verständnis des prozessualen Diagnostikmodells werden Diagnosen daher über den Prozess hinweg fortlaufend gestellt und überprüft, die Problematik wird eher als eine vielschichtige oder vielgesichtige verstanden, die im Prozessverlauf unterschiedliche Formen annimmt. Diagnose und Intervention können in diesem Prozess sehr ineinander übergehen, so dass sie nicht als trennscharf voneinander abgehobene Phasen erscheinen.

In Bezug auf diagnostisches Vorgehen lassen sich in der supervisorischen Literatur zwei Leitpositionen ausmachen. Die eine postuliert eine Diagnosestellung im Sondierungsgespräch bzw. zu Beginn der Supervision, um hieraus die Interventionen abzuleiten, die andere spricht von einer prozessualen Diagnostik, in der Diagnose, Intervention und ggf. auch Evaluation im Prozess sich abwechseln und wiederholen. Prominente Vertreterin des ersten Ansatzes ist Rappe-Giesecke, die die Diagnose des Problems vor dem Beginn des eigentlichen Supervisionsprozesses ausmacht, um das notwendige Setting bestimmen zu können. Hintergrund dieser Forderungen ist, im Vorfeld zu klären, dass die das Problem betreffenden Personen im Setting anwesend sind, die Beratungsform die geeignete ist, der Berater über die notwendigen Qualifikationen verfügt und die notwendigen Ressourcen, wie z. B. die Finanzierung, bei den Betroffenen vorhanden sind (Rappe- Giesecke 2000 a, S. 19). Vertreter des Ansatzes der prozessualen Diagnostik kommen zum einen aus dem Bereich der humanistisch-dialogisch orientierten Verfahren, aber auch aus dem systemischen Ansatz. Schreyöggs Arbeitsweise, als Vertreterin eines integrativen Supervisionmodells, basiert u. a. auf Klientenzentriertheit und Dialog. Der Diagnosenerstellung kann durchaus eine szenische Rekonstruktion der Problemlage oder des –aspekts vorangegangen sein und die Diagnose versteht sich dann als ein Dialog, der theoretisch das Erlebte aufarbeitet und in einen Deutungsrahmen setzt. Dieser kann mehrperspektivisch sein und der Supervisand bestimmt, welches diagnostische Konzept für sein weiteres Vorgehen handlungsrelevant ist (Schreyögg 1992 b).

Psychoanalytische Diagnostik wird im Allgemeinen nicht explizit unter die Kategorie der prozessualen Diagnostik gefasst, kann es m. E. ihrem Wesen nach aber sein. Argelanders (1970) Modell der drei Quellen der Datengewinnung für die Diagnose in psychotherapeutischen Prozessen ist auch für eine psychoanalytisch orientierte Supervision anwendbar. Er unterscheidet zwischen den objektiven Informationen, worunter er nachprüfbare Fakten versteht, den subjektiven Informationen, die aus den Gegenübertragungsreaktionen des Behandlers stammen, aber in ihrer Bedeutung mit dem Klienten gemeinsam erschlossen werden müssen, und den szenisch, situativen Informationen, einer im Setting erlebten Szene, (ebenfalls mittels der Gegenübertragung zu erschließen,) an der sich eine bestimmte Problem- bzw. Beziehungskonstellation kristallisiert. Wittenberg und Zimmer (1988) weisen explizit auf die Nutzung der Gegenübertragungsreaktionen für die Diagnose im Supervisionsprozess hin. Als eine kondensierte Form der Nutzung von Gegenübertragungsreaktionen seitens des Supervisors für die Diagnose kann die Bildung von zweiteiligen Fokalsätzen, wie sie in der analytischen Kurzzeittherapie genutzt werden, angesehen werden (vgl. Lachauer 2000). Im ersten Teil, der mit „Ich muss…“ beginnt, wird das aktuelle problematische Verhaltensmuster des Supervisanden gefasst und ihm wird eine Hypothese über die unbewussten Hintergründe und Konfliktebenen, die der Supervisor aus seinen Gegenübertragungsreaktionen und anderweitigen Beobachtungen bildet, die mit den Worten „weil sonst…“ beginnt, angehängt. Diese Hypothese wird von einer Supervisionssitzung zur nächsten überprüft und ggf. korrigiert und dient als Ausgangspunkt für weitere Interventionen. Psychoanalytische Diagnostik im hier beschriebenen Vorgehen weist Merkmale der prozessualen Diagnostik auf, weil sie Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene nicht nur für den Beginn eines Supervisionsprozesses, sondern über seinen gesamten Verlauf nutzt. Es existiert nicht die Idee einer Vorabdiagnostik, sondern die Vorstellung der verschiedenen Aspekte der Problemlage, die sich erst mit der Zeit zeigen, aus der heraus sich weitere Interventionen ableiten lassen. Zum anderen weist sie ein dialogisches Merkmal auf, da die Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene gemeinsam von Supervisanden und Supervisor in ihrer Bedeutung aufgeschlüsselt werden sollen.

Auch wenn ich hier die Positionen einer vorab und einer prozessualen Diagnose als entgegengesetzte dargestellt habe, so verstehe ich sie nicht als einander ausschließende. Eine im Vorfeld erstellte Diagnostik, wie sie Rappe-Gisecke beschreibt, dient zur Klärung der Rahmenbedingungen und Auflistung der in der Supervision zu bearbeitenden Themen, wird aber sicherlich nicht den tieferen und vielschichtigen Aspekten der Problemlagen gerecht werden. Im Rahmen dieses Klärungs- und Themensammlungsvorgangs sehe ich keine Verwendung für die Methode des Platzhalters. Verbale Verständigung, die ihrer Form nach an Alltagssprachlichkeit bzw. an die Sprachformen der jeweiligen Profession der Supervisanden angelehnt ist, und ggf. auch gängige Visualisierungsmethoden, wie z. B. die Arbeit mit dem Flipchart, erweisen sich hier als effektiv. Gegen die Methodik des Platzhalters sprechen die Umstände, dass davon auszugehen ist, dass die Supervisanden wohl noch ungeübt mit dem Medium sind und eine kreative Arbeit einen Vertrauensrahmen braucht, der im Sondierungsgespräch noch nicht erstellt ist, sondern erst in den kommenden Sitzungen aufgebaut werden muss.

Für eine vertiefte Diagnostik, die sich auch unter dem Stichwort, wer hat welches Problem mit wem, fassen ließe, eignet sich eine prozessuale Diagnostik, in der sich Diagnose und Intervention abwechseln und gegenseitig befruchten. Die Methodik des Platzhalters, die primär als eine Interventionsform verstanden wird, hat in einigen ihrer Ausprägungsformen auch diagnostischen Charakter. Im Einsatz für intra- und interpersonale Problemlagen liefert sie Informationen auf zwei verschiedenen Ebenen: Zum einen wird der jeweilige Pol oder der vorgestellte Beziehungspartner in seiner Wesensform plastisch dargestellt, zum anderen erfahren Supervisor und Supervisand etwas über die Kommunikations- und Interaktionsstrukturen im Supervisanden, wenn der Platzhalter für intrapersonale Anteile steht, oder über diese Strukturen mit der vorgestellten Person im interpersonellen Bereich. Nicht nur bei der interpersonalen Variante der Methode ist es auch denkbar, dass Informationen über Organisations- und Arbeitsstrukturen, die dem Supervisanden vorab kaum bewusst waren, ausgesprochen und damit thematisierbar werden. Diese beiden Varianten liefern Material, das aber in einem folgenden Gespräch analysiert und reflektiert werden muss, um eine vertiefte Diagnoseerstellung zu ermöglichen. Demgegenüber ist der Struktur des neutralen Beobachters, der es dem Supervisanden ermöglicht, eine distanzierte Haltung einzunehmen, mit der sowohl personal-emotionale als auch strukturelle Aspekte erfasst werden können, bereits ein diagnostischer Moment inhärent. Für den diagnostischen Einsatz ungeeignet ist die Variante des Experimentes mit Ebenenwechsel, da sie der Veränderung von Handlungsmustern dient. Es lässt sich festhalten, dass mittels der Arbeit mit dem Platzhalter in der prozessualen Diagnostik Aussagen auf drei Ebenen getroffen werden können. 1. innere Leitsätze, –bilder und Widersprüche des Supervisanden können herausgearbeitet werden, 2. Kommunikations- und Interaktionsstrukturen zwischen dem Supervisanden und Bezugspersonen seiner Organisation, seinem Klientel oder für seinen Arbeitsprozess relevanter beruflicher Umwelt können offengelegt werden, (dies gilt auch für Problembereich Beruf-Privat) und 3. Strukturen der Organisation u. a. auf dem Gebiet der Organisationskultur und entsprechender formeller und informeller Leitbilder können aufgezeigt werden.

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3.2 Einsatzmöglichkeiten der Methode in den Settings der Supervision

Nachdem bisher die Einsatzmöglichkeiten der Methode der Arbeit mit dem Platzhalter auf einer allgemeinen Ebene und für die Diagnoseerstellung spezifiziert dargestellt wurden, sollen im Folgenden die Verwendungsmöglichkeiten in den supervisorischen Settings diskutiert und anhand von Fallbeispielen aus meiner supervisorischen Praxis exemplifiziert werden.

Die Settings der Supervision als Einzel-, Gruppen- oder Teamsupervision unterscheiden sich nicht nur im formalen Aspekt der Personenanzahl oder Gruppenzusammensetzung, wobei die Mitglieder einer Gruppensupervision aus ähnlichen Berufsgruppen ohne gemeinsamen institutionellen Zusammenhang kommen (stranger group), während die Mitglieder eines Teams aus unterschiedlichen Berufen stammen können, aber in einem gemeinsamen organisatorischen Kontext, dem des Teams, stehen (family group). Kennzeichnend für diese Settings sind auch thematisch-inhaltliche Unterscheidungen. In der Einzelsupervision steht der Berufstätige in seiner Berufsrolle, die als Schnittmenge zwischen der Person und der Organisation aufgefasst wird, im Vordergrund. Hier wird immer wieder auch die Abgrenzung zur Therapie thematisiert. Fallsupervision und Professionsentwicklung ist das zentrale Thema einer Gruppensupervision (vgl. Rappe-Giesecke 2000 b), während in der Teamsupervision sowohl Fälle, Organisationsstrukturen oder das Team selbst thematisiert werden können (Rappe-Gieseke 1994, S. 104ff.).

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3.3 Einsatzmöglichkeiten der Methode in der Einzelsupervision

Pühl (2000, S. 100f.) definiert als Adressaten für Einzelsupervision vornehmlich Führungskräfte aus dem Profit- und Non-profit-Bereich sowie Selbstständige, wobei er Abgrenzungsversuche zwischen Leitungsberatung und Coaching nicht inhaltlich, sondern eher ideologisch begründet sieht, da der erste Begriff im Non-profit- und der zweite im Profitbereich angesiedelt ist. Die Anlässe für die Anfrage an Supervision, so Pühl, ergeben sich aus den einsamen Positionen der Berufstätigen, worunter er die Gesamtleitung einer Organisation, Sandwich-Positionen im mittleren Management oder die Gesamtleitung für Kleinstunternehmen, wie sie Selbstständige innehaben, versteht. Als konkrete Anlässe werden meist berufliche, persönliche und/oder strukturelle Problemlagen genannt.

Konzepte der Rollenberatung stehen in dieser Supervisionsform im Vordergrund. Unter dem Begriff der Rolle wird in der Soziologie die Gesamtheit der sozialen Verhaltenserwartungen an eine Person in einer bestimmten sozialen Situation, die ihrerseits in ihrem Bedeutungsgehalt durch einen bestimmten organisatorischen, institutionellen und kultuell-normativen Kontext geprägt ist, verstanden. Dabei wird zwischen Muss-, Soll- und Kann-Erwartungen unterschieden (vgl. Dahrendorf 1974), die verdeutlichen, dass im Begriff der Rolle auch die Fragen nach Grenzen, Möglichkeiten und Ausgestaltung dieser mitschwingen. Hantschk (2000, S. 161) sieht in der beruflichen Rolle die Schnittmenge von persönlichen Wünschen, Erwartungen, Forderungen, Beiträgen des Rollenträgers und den Anforderungen, Erwartungen und Beiträgen der Organisation und der Klienten andererseits. In einer beruflichen Rolle schwingen demnach Sachebenen, wie funktional-strukturelle Aspekte und Aufgaben- und Verantwortungsbereiche, sowie soziale Ebenen mit, die sich in den aus- oder unausgesprochenen Erwartungen manifestieren. Unter Rückgriff auf das Bild der Supervisionsbrille und der interagierenden Dynamiken kann man davon ausgehen, dass sich Probleme des Rollenträgers, die zunächst in seinem Tätigkeitsgebiet oder als „sein“ Problem erscheinen, bei genauerer Analyse durchaus als Personalisierung tieferliegender struktureller Konflikte entpuppen können.

Betrachtet man die vier Einsatzebenen der Methode des Platzhaltes, so können sich folgende Interventionsmöglichkeiten im Rahmen der Einzelsupervision ergeben:

Intrapersonal: Nicht von Persönlichkeitsanteilen, wie es vorzugsweise in der Psychotherapie geschieht, sondern von innerer Pluralität und dem inneren Team zu sprechen, wie es Schulz von Thun (2002) fasst, erscheint mir im Rahmen der Einzelsupervision zum einen angemessener und bietet zum anderen einem Berufstätigen ein plastisches Bild an. Handlungs- und Entscheidungsbarrieren können demnach in Unstimmigkeiten des inneren Teams des Rollenträgers begründet sein. Z. B. kann eine Führungskraft in einer Sandwich-Position dann in Bedrängnis geraten, wenn sie von der ihr übergeordneten Ebene einen Auftrag erhält, den sie auf der ihr untergeordneten Ebenen durchsetzen soll, und wenn diese Führungskraft gleichzeitig davon ausgeht, dass auf der untergeordneten Ebene dieser Auftrag auf Widerstand stößt. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass diese Führungskraft für beide Ebenen Verständnis oder Sympathien hat, selbst vielleicht auch noch eine andersartige innere Stellung bezieht. Diese Stanpunkte herauszuarbeiten und für den Rollenträger zu einer stimmigen inneren (Team-)Entscheidung zu kommen, könnte mittels der Methode des Platzhalters erarbeitet werden. Realitätsnah ist dabei wohl, dass der Supervisand nicht zu Anfang sein Problem als das einer strittigen inneren Teamentscheidung schildert, sondern zunächst von Problemerscheinungsformen wie z. B., Ärger, Unzufriedenheit oder mangelnde Effizienz in entsprechenden Mitarbeitergesprächen berichtet. Erst wenn, wie bereits an anderer Stelle erwähnt, die Problemlage mit dem Supervisanden so weit aufgeschlüsselt ist, dass der innere Teamkonflikt als bearbeitungswürdig erscheint, ist der Einsatz der Methode des Platzhalters angemessen.

Ein weiterer Einsatzbereich ist im Rahmen von Inter-Rollenkonflikten (Schulz von Thun 2000, S. 163) gegeben, d. h. wenn der Supervisand Unvereinbarkeiten zwischen seinen z. B. beruflichen und privaten Rollen erlebt. Für Frauen in Führungspositionen äußert sich dieser Konflikt oftmals in der Fragestellung, inwieweit Muttersein und Karrieremachen miteinander vereinbar sind.

Interpersonal: Erscheinen Problemlagen der Interaktions- und Kommunikationsebene zwischen dem Supervisanden und seinen Vorgesetzten, Mitarbeitern, Untergebenen oder Klienten bietet sich die Arbeit mit dem Platzhalter an. Hierbei läge der Wert der Intervention u. a. darin, auf der Seite des Supervisanden sein Anliegen zunächst auf direkter Weise äußern zu können und sich dessen bewusst zu werden, ohne dabei die üblichen notwendigen Konventionen und Regeleinhaltungen berücksichtigen zu müssen. Wechselt er auf die Seite seines Gesprächspartners, gleicht dieses einer Rollenübernahme des Gegenübers, und dies ermöglicht dem Supervisanden dessen Motivationen und Hintergründe für Handeln und Verhalten umfangreicher zu verstehen. Hierbei können auch strukturelle Gründe für die Problemsituation mit aufgedeckt werden. In diesem Abschnitt weist die Interventionsform verstehenden und diagnostischen Charakter auf. Im Sinne von Probehandeln kann die Interventionsform genutzt werden, wenn der Supervisand im weiteren Verlauf damit experimentiert, wie er sein Anliegen dem Gesprächspartner vermitteln könnte, damit dies zu einer Problemlösung und Weiterentwicklung führt. Damit würde es dem Supervisanden helfen, seine Konflikt- und Verhandlungsfähigkeiten auszubauen, welche Looss (1999, S.111) zu den inhaltlichen Zielstellungen von Coaching zählt.

Neutraler Beobachter: Da die Möglichkeit der Distanzgewinnung, die rationale und emotionale Ebenen berücksichtigt, das zentrale Merkmal dieser Interventionsform ist, bietet sie einen breiten Einsatzrahmen an, wobei auf den diagnostischen Aspekt vorab eingegangen wurde. Als Interventionsform ist sie einsetzbar, wenn der Supervisand in der aktuellen Sitzung blockiert oder in Dynamiken derart gefangen ist, dass eine sinnvolle Themenbearbeitung schwer möglich ist. Gewinnung von Selbstdistanz, Herausarbeitung des Problemaspekts oder Lösungsvorschläge, mit denen weitergearbeitet werden sollen, können durch die Einnahme der Position des neutralen Beobachters erreicht werden. Eine dritte Einsatzmöglichkeit besteht darin, den Supervisanden aufzufordern, das Problemgeschehen aus der Position des neutralen Beobachters anzuschauen. Während der Supervisand den Problembestand vorab eher als subjektiv Betroffener, d.h. aus einer Innensichtsicht, geschildert hat, in die durchaus analysierende und erklärende Momente miteingeflossen sein können, wird er aufgefordert, sich das Geschehen aus einer Außenposition anzuschauen, in der er sich nicht als „ich“, sondern im Modus der „3. Person“ wahrnimmt. Damit soll erreicht werden, dass er die Interaktionen zwischen ihm und den beteiligten Personen nicht mehr als Betroffener, sondern in der gegenseitigen Bedingtheit wahrnehmen kann, womit ihm auch seine eigenen Beiträge zur Aufrechterhaltung des Problemkomplexes bewusster werden können

Ebenenwechsel mit Experiment: Diese Methode wird zur Kompetenzerweiterung des Supervisanden genutzt, wobei durch die Reduzierung von Komplexität und vom Ebenenwechsel durchaus an bereits erfolgreiche Lösungsmuster angedockt wird.

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3.4 Einsatz der Methode in Gruppen- und Teamsupervision

Wie sich bisher gezeigt hat, ist die Arbeit mit dem Platzhalter vornehmlich als Arbeitsweise mit einer Person konzipiert. In Mehrpersonensettings steht vor der Nutzung dieser Methode die Überlegung, in welchem Maße die Fokussierung auf die Arbeit mit einer einzelnen Person aus der Gruppe oder dem Team in den Vordergrund rücken soll. Es ist den Strukturen dieser Settings inhärent, dass eher eine ausgeglichene Balance zwischen Einzelnem und Allgemeinheit bevorzugt wird und die anwesenden Mitglieder oftmals die Funktion eines Resonanzkörpers von Gegenübertragungen übernehmen oder mögliche Perspektivenvielfalt spiegeln können. Im Falle einer Gruppensupervision, zumal wenn sie im psychodramatischen Setting erfolgt, würde vermutlich ein Rollenspiel der interpersonalen Variante der Platzhaltermethode vorgezogen werden. Die Variante des neutralen Beobachters dagegen erscheint auch in Mehrpersonensettings anwendbar zu sein, da mit ihrer Hilfe Distanz und Reflexion zu einer aktuellen Gruppen- oder Teamdynamik geschaffen und ermöglicht werden kann. Für Teams ist diese Methode auch bei den Programmen der Selbst- oder Institutionsanalyse denkbar, um eine als problematisch erlebte Konstellation in ihren Interaktionen mit den Bezugssystemen in ihrer gegenseitigen Bedingtheit bzw. aus der Außenperspektive wahrnehmen zu können.

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3.5 Anwendungsbeispiele aus meiner supervisorischen Arbeit

In meiner supervisorischen Praxis setze ich diese Methode eher sparsam ein. Dieses ist zum einen dem Umstand geschuldet, dass ich nicht einer Methode per se den Vorrang gebe, sondern dem Supervisanden und dem Auftragsziel. In meinen Supervisionen habe ich die Erfahrung gemacht, dass seitens der Supervisanden einer sprachlich-reflexiven Annäherung an eine Thematik der Vorzug gegeben wird. Da meine Supervisanden vornehmlich aus psychosozialen Arbeitsfeldern stammen und dort sprachliche Reflexion ein wichtiges Arbeitsmittel ist, erscheint mir eine solche Präferenz nachvollziehbar. Als weitere Erklärungsmöglichkeit sehe den Umstand, dass in der Supervision – im Gegensatz zur Therapie – schwerpunktmäßig das Erwachsenen-Ich angesprochen wird und Regressionen als kontraindiziert gelten. Auf einer verbalen Ebene zu bleiben, gibt den Supervisanden zunächst größere Sicherheit sich im Erwachsenenbereich zu bewegen, auch wenn es das nicht garantiert. Sich auf eine kreative spielerische Interventionsform einzulassen, erfordert eine Vertrauensbasis und Sicherheit im Umgang mit dieser. Daher wende ich die Methodik des Platzhalters nicht gleich zu Anfang von Supervisionsprozessen an. Ein weiterer Grund meiner sparsamen Anwendung ist, dass diese Methode bei gezieltem Einsatz sehr wirksam ist, bei dauerhaftem Einsatz aber die Tendenz hat, zu verpuffen. Richter/Fallner (1980, S. 62 f.) weisen auf die Gefahr hin, dass der übermäßige Einsatz von kreativen Medien zu Überforderungsreaktionen seitens der Supervisanden führen kann, er zwar zu einer Entdeckungseuphorie, aber dann auch zu Vermeidungsstrategien führt, so dass Problematiken eher ausagiert, denn gelöst werden. Konkrete Kriterien meinerseits, die Methode anzuwenden, sind: a. Ich habe die Hypothese gebildet, dass eine rein sprachliche Auseinandersetzung nicht effizient genug ist und daher ein Ebenenwechsel indiziert ist, b. Die „Gestalt“ ist prägnant genug, dass ich mir gerade von dieser Intervention einen bedeutsamen Schritt zur Lösung verspreche, c. Der/die SupervisandIn erscheint mir für diese Methode ausreichend bereit zu sein und willigt ein.

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3.6 Fallbeispiel für einen Einsatz ‚Ebenenwechsel mit Experiment’

Frau K. ist Mitte 30, hat eine abgeschlossene Ausbildung als Krankengymnastin hinter sich, möchte aber in dem Beruf nicht weiterarbeiten. Ein Medizinstudium hat sie nach vier Semestern abgebrochen und sie ist derzeit im 15. Semester eines Psychologiestudiums. Es steht die Diplomarbeit an. Vor 1,5 Jahren hat sie mit einer Kommilitonin den ersten Ansatz dazu unternommen, nach einem Jahr haben beide das Projekt als gescheitert beendet. Frau K. möchte jetzt diese Arbeit alleine schreiben und hat sich dafür supervisorische Hilfe gesucht. Im Kontrakt waren u. a. folgende Ziele vereinbart worden: Strategien finden, um die Diplomarbeit fertig zu stellen, Struktur finden (in Bezug auf Schreiben), Umgang mit ihrem ausweichenden Verhalten, ihren Arbeitsstil effizienter gestalten. Zur dritten Sitzung hatte sie die Hausaufgabe gehabt, ihr Material so weit zu ordnen, dass wir in der Supervisionssitzung einen roten Faden erstellen können. Sie kannte die Methode des Mindmapping und brachte ein entsprechendes Poster mit. Sie war sehr enttäuscht über das Ergebnis, da sie nur sehr wenige Themen benannt und zugeordnet hatte. Während sie von ihren Arbeitsergebnissen erzählte, empfand ich Schwere als Gegenübertragung. Es war so, als ob heute gar kein Arbeitsergebnis zustande kommen sollte. Zu dieser Gegenübertragung passte für mich auch ihr Verhalten, dass sie im Verlauf der Stunden einige Male auf meine Fragen mit Begründungen, warum es nicht ginge, antwortete. Dass ich sie darauf aufmerksam machte, erlebte sie als hilfreich.

Im weiteren Verlauf nannte Frau K. zunächst Themeninseln, wobei ich aber den roten Faden nur schwer ausmachen konnte. Daher fokussierte ich auf ihr methodisches Vorgehen und die einzelnen Arbeitsschritte. Sie erzählte, dass sie ein Karteikartensystem nutze, das habe sie aus einem Fachbuch für wissenschaftliches Schreiben gelernt. Die weiteren Arbeitsschritte habe sie vergessen. Da ich von Frau K’s handwerklichen Fähigkeiten wusste, versuchte ich hierüber einen Anknüpfungspunkt zu finden. Ich fragte sie, wie sie bei einer handwerklichen Aufgabe vorgehe. Sie wählte Kochen als Beispiel. Da schaue sie dann, was sie an Zutaten habe und beginne mit Kochen. An dem Beispiel versuchte ich, mögliche Arbeitsschritte herauszuarbeiten. Da sie nicht gezielt einkaufen geht, ließe sie sich von dem in der Küche Vorhandenen inspirieren, um ein Gericht zu kochen. Sie nannte zunächst nicht das Ziel „X kochen“. Der erste Schritt war vielmehr: Zutaten zusammensuchen. Ich vermutete, dass sie in ähnlicher Art auch die Diplomarbeit schreiben wollte.

Nach dieser Sequenz war Frau K bewusst geworden, dass ihr eine Gliederung fehlt, und dieser wollte sie sich jetzt annähern. Mit Hilfe des Flipcharts sortierten wir zunächst mögliche Vorstufen der Arbeit, wie Text lesen, auswerten und Querverbindungen zu anderen Textstellen finden. „Wie kann ich diese Textberge sortieren?“, war eine Kernfrage ihrerseits. So hat sie bisher ihre Dokumente, ihre Arbeit betreffend, auf dem Laptop manchmal nach Inhalt, manchmal nach dem Tag benannt, konnte sich aber darin schwer orientieren. Nachdem die wenig ausreichenden Strukturierungs- und Sortierungsfähigkeiten von Frau K. dermaßen prägnant geworden waren und mir aus den anderen Sitzungen ihr Vermeidungsmuster, dass Sprechen eher nicht zum Handeln führt, noch sehr präsent war, entschloss ich mich zum Experiment mit Ebenenwechsel, wozu sie einwilligte. Dazu schüttete ich vor ihr Bauklötze als einen großen Berg auf und bat sie, diesen zu sortieren. Das machte sie recht zügig. Sie trennte zunächst nach Farben und dann jedes Farbhäufchen in einzelne Elemente, die sie in Hierarchieebenen zusammenfasste: oben die wenigen, nach unten hin die vielen. Sie empfand dies als ein übersichtliches Bild und meinte zum Abschluss: „Jetzt würde ich diese Formen noch als Dreiecke zueinander in Beziehung setzen.“

Während sie dies tat, erzählte sie zum einen von der Arbeit, zum anderen bezogen wir immer das Erzählte auf die Bausteine, d. h., wir sortierten. Wenn ich „wir“ sage, so heißt das konkret: Sie erzählte, wobei ich sie fragte, von welchem Thema sie gerade spreche, welche Kategorie es sei, wie diese Kategorien zueinander in Beziehung stünden, und ich bat sie, diese mit den Ebenen in ihrem Bausteinbild in Beziehung zu bringen. Entsprechende Punkte wurden auf dem Flipchart notiert.

1. Von ihr kam: Ich lese Einleitung und Ende eines Buches und versuche herauszufinden, ob der Autor Textpassagen in der Mitte des Buches dazu in Beziehung setzt. Dann fiel ihr auf: „Es geht ja nicht um das Anliegen des Autors, sondern um mein Anliegen. Ich muss mich fragen, in welchem Bezug die Textstelle zu meinem Anliegen steht.“

2. „Mein Ausgangpunkt ist Montessori. In welchem Zusammenhang steht also das Gelesene dazu.“ Hieran schloss sich die Kategorienbildung von Phasen des Spracherwerb, ihrer Ausdrucksformen etc. an.

3. „Wenn ich ehrlich bin, dann müsste ich bei Montessori selbst anfangen, was sie sagt. Ich befürchte aber, dass das so wenig ist.“

4. Des Weiteren fand sie einen groben Gliederungsplan: A. Montessoris Thesen und die Konsequenzen aus diesen Aussagen. B. Erstellung eines psychologischen Zusammenhangs unter Berücksichtigung der aktuelleren Autoren und Übersetzungsleistung der einzelnen Terminologien. C. Ihre Kritik an Montessori.

In der Abschlusssequenz dieser Stunde äußerte sie, dass sie froh sei, etwas Konkretes in der Hand zu haben. In den nächsten Tagen war es ihr dann auch möglich, ihr Material derart zu sortieren, dass sie es in einem Studentencolloquium vorstellen konnte. Dies führte dazu, dass ihr bewusst wurde, dass sie die Diplomarbeit in diesem Rahmen nicht bei der bisher gewählten Professorin schreiben konnte.

Die Herausarbeitung einer Gliederungsstruktur der Diplomarbeit ergab sich als übergeordnetes Thema dieser Supervisionssitzung, wobei ich Frau K’s Enttäuschung über die kaum gelöste Hausaufgabe, ihre wenig ausgeprägten Strukturierungsfähigkeiten, ihr Vermeidungsverhalten, dass „Reden über“ nicht unbedingt zum Handeln führt und ihre Fokussierung auf ihre Arbeitsbehinderungen in der Methodenwahl mitberücksichtigte. Wenn ich im noch sprachlich orientierten Teil an bereits bekannte handwerkliche Handlungsmuster anknüpfte, tat ich dies mit der Absicht, ihre Strategien bewusst zu machen, und mit der Überlegung, ob sich daran im Sinne lösungsorientierten Vorgehens anschließen lassen ließe. Diese Abschnitte machten Frau K die Notwendigkeit einer Gliederung deutlich und sie benannte ein konkretes Hindernis (Bearbeitung der Textberge). Dies interpretiere ich als klar und prägnant gewordene Gestalt. Das Experiment mit Ebenenwechsel schloss zum einen an konkret-anschauliche Strukturierungsfähigkeiten an und ich setzte ihn als Nichtdopplung der Reden-statt-Handeln-Vermeidungsstrategie von Frau K ein. Das experimentelle Vorgehen förderte wichtige Reflexionserkenntnisse für Frau K zutage und ermöglichte die Lösung der Aufgabe. Die Erwartung, dass Frau K in Zukunft ihre Strukturierungsschwächen im Griff haben würde, halte ich aber für überhöht, da nach meiner Erfahrung die Verbesserung von Strukturierungsfähigkeiten auch längerfristiger Übung bedarf. Hinzu kommt, dass die Schwierigkeiten der Frau K, ihre Diplomarbeit zu schreiben, multikausal waren, deren Darstellung aber den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.

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4 Schlusswort

Die Arbeit mit dem Platzhalter ist eine potente Methode, die zu den kreativen Handlungsmedien gerechnet wird und die in der Aufgabenstellung von Supervision als Verfahren der Weiterbildung, Beratung und Reflexion von beruflichen Zusammenhängen genutzt werden kann. Aus gestaltorientierter Sichtweise sollte die Methode genutzt werden, wenn die Problemgestalt derart prägnant geworden ist, dass sie den Methodeneinsatz rechtfertigt und weiterführende Ergebnisse durch sie zu erwarten sind. Die Methode funktioniert u. a. auf der Basis der Reduktion von Komplexität, des Ebenenwechsels von rational-reflexiv orientierter Sichtweise zu anschaulich, erlebnisaktivierender und experimenteller Tätigkeit. Ihre Wirkung besteht u. a. darin, dass mit ihr bestehende dysfunktionale Handlungs- und Deutungsmuster erkannt und neue, der Situation adäquatere entwickelt werden können. In der Supervision ist sie in der prozessualen Diagnose einsetzbar. Hier kann sie Informationen über innere Positionen des Supervisanden oder die in seinem Problem involvierten beruflichen Bezugspersonen liefern, ebenso solche über Beziehungs- und Kommunikationsstrukturen. Mit der Variante des neutralen Beobachters können auch Informationen über Organisations- und Arbeitsstrukturen erkannt werden. Eine breite Verwendung der Methode als Interventionsmittel ist im Rahmen der Einzelsupervision vorstellbar. Im Rahmen von Gruppen- oder Teamsupervision ist prinzipiell vorab zu überlegen, ob eine derartige Fokussierung auf eine Person des Settings zum gegebenen Zeitpunkt sinnvoll erscheint. Diese Einschränkung gilt aber weniger für die Variante des neutralen Beobachters, die in den Programmen Fallarbeit, Selbst- oder Institutionsanalyse sowie auch zur Distanzierung zum aktuellen Supervisionsgeschehen vorstellbar ist. Ich plädiere für eine sparsame Verwendung der Methode, um einem Ausagieren von Problematiken oder ihrer Defunktionalisierung zur Vermeidungsstrategie vorzubeugen, aber auch, damit sie ihre Frische behält.

Zum Abschluss noch eine Überlegung zum Methodeneinsatz in der Supervision in Abgrenzung zur Therapie. Die Frage, ob eine im therapeutischen Kontext verwendete Methode auch in der Supervision genutzt werden kann, stellt sich nicht, da die verschiedenen Supervisionsformen, seien sie psychoanalytisch, gestalt-, oder systemisch orientiert, immer auf die entsprechenden Theorien, Menschenbilder und Methoden der jeweiligen Therapierichtungen zurückgreifen. Rahm (1979) zieht die Trennung von Therapie und Beratung, wobei sie nicht die Supervision explizit erwähnt, u. a. in den Aspekten Patient, Persönlichkeitsveränderung, langfristig, (Therapie) vs. gesunde Persönlichkeit, Problemfokussierung und eher kurzfristig (Beratung). Präzisieren möchte ich das für die Supervision. Diese richtet sich nicht an den hilfebedürftigen Patienten, der in der Therapie durchaus das Recht hat, zu regredieren, sondern an die erwachsene Arbeitspersönlichkeit, die zwar Schwächen hat, aber prinzipiell kompetent ist, ihre Probleme zu meistern. Wenn auch Schreyöggs Bezeichnung des Coaching als „Therapie gegen berufliches Leid“ (Schreyögg 1998, S. 63) zum einen die berufliche Kontextbezogenheit in den Vordergrund stellt und die Verzahnung beruflichen Leides mit Organisationsstrukturen in Verbindung bringt und folgerichtig Rollenanalysen als einen zentralen Arbeitsschritt nennt, so verwischt die Bezeichnung Therapie aber die von mir angesprochene Kompetenz des Supervisanden bzw. Coachee. Klarer dagegen ist Depnering (2001, S. 75,76): „Wie man auch immer im einzelnen Coaching definiert,.., im Gegensatz zur Psychotherapie geht es hier nicht um Krankheit und ihre Heilung, sondern um den Beruf und eine Unterstützung in beruflichen Belangen.“ Daher plädiere ich, bei der Nutzung der Methode darauf zu achten, dass diese Unterscheidung aufrechterhalten wird, d. h. der Supervisand zwar sich selbst erfährt, aber dabei nicht zum Patienten wird. Auch bei Ausflügen in die Biographie und als verletzend erlebte Episoden sollte zum einen die erwachsene Persönlichkeit des Supervisanden angesprochen bleiben, zum anderen müssen solche Streifzüge immer wieder auf die zu bearbeitende berufliche Problematik rückbezogen werden.

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